Archiv der Kategorie: Allerheiligen

ERINNERUNGEN  –  nicht nur der derzeitigen Situation geschuldet

Liebe Freundinnen und Freunde!

Jeder weiß zur Zeit, was die Stunde geschlagen hat. Viele richten ihren Blick auch schon voraus in die Wintermonate des Jahres 2020/2021: Wie kann das alles gehen? Was wird alles anders sein? Was kann ich/ was können wir tun, damit nicht alles …… ? So vieles ist vollkommen in Frage gestellt!

Vielleicht hilft uns, unseren Familien, den Kindern, den Jugendlichen ein Stichwort:

ERINNERUNGEN —- denn, wenn wir uns erinnern, wie es war, was war, an das, was uns unvermittelt einfällt, positiv oder auch negativ, dann gibt das für uns selber einerseits was zu tun, und andererseits auch Anregungen, was anzupacken. Darüber hinaus sind Erinnerungen und deren Weitergabe seit Menschengdenken für die Lebendigkeit einer Familie, einer Gemeinschaft, unseres Christentums, der Kirche als Gesamtheit, unserer Gemeinden St. Clemens und St. Lambertus maßgeblich mitverantwortlich.

Mit den Festen Allerheiligen / Allerseelen möchte ich an dieser Stelle einen winterlichen Erinnerungsbogen beginnen.

ERINNERUNGEN I    ——   ALLERHEILIGEN / ALLERSEELEN  – (vor noch nicht 60 Jahren):

Allerheiligen und Allerseelen – damals beide Tage noch Feiertage – waren bei uns zu Huase als Kinder Jahr für Jahr sehr geheimnisvolle Tage. Als Hintergrund gehört dazu, dass es in unseren Kindertagen in unserem Dorf immer noch einen „Kirchhof“ gab, der gleichzeitig als Friedhof des Dorfes genutzt wurde. Meine Großeltern und alle Vorfahren und verstorbenen Mitglieder der Familie waren dort beerdigt, direkt um die Kirche herum. Jeder kannte die Gräber der eigenen Familie. Fast täglich führte der Weg daran vorbei, denn der Kirchhof lag mitten im Dorf, ein paar Stufen höher wie die Straßen. Der Weg über den Friedhof verband den westlichen Teil des Dorfes mit den Straßen im Osten. Am Abend, in der Dämmerung wählten wir Kinder selbstverständlich den längeren Weg um den Friedhof herum. Nur „ganz Abgebrühte“ liefen dann noch über den Kirchhof, der dann, eingerahmt von einer alten, Efeu bewachsenen Mauer, im Schatten des unheimlichen Kirchturms, um den der Wind sauste und heulte, unbeleuchtet in der Dunkelheit lag.

Jeder hatte so seinen bevorzugten Weg um die Kirche herum, je nachdem „wo Opa oder Oma lagen“. Am Tag war das alles, wie gesagt, kein Problem, alles war ja so vertraut, auch die Leute, die man so traf auf dem Kirchhof. Jeder kannte doch jeden bei uns im Dorf, aber am Abend?  …… Und wenn sich dann noch ein anderer dort zwischen den Gräbern bewegte? Es war sicherlich eine Mutprobe, sich im Dunkeln über den Friedhof zu trauen!

Und dann kam die dunkle Jahreszeit. Allerheiligen war immer der Beginn. An diesem Tag war alles anders. Wir warteten darauf, dass es am frühen Nachmittag dämmerte. Dann zogen sich die Eltern die Wintermäntel an und die ganze Familie machte sich auf den Weg zum Friedhof, so wie fast alle anderen Familien aus dem Dorf.

Erst wenn wir die Stufen zum Kirchhof hoch gestiegen waren, konnten wir Kinder es sehen: die vielen roten Lichter in den Laternen auf den Gräbern. Dazwischen huschten die kleinen und großen Bewohner des Dorfes, leise flüsternd.

Nacheinander wurden alle Gräber der Familie, von Opas und Omas, Großtanten und –onkel „besucht“, dort leise gebetet. Die flackernden roten Lichter glänzten in unseren Augen, während alle ruhig und sehr gesittet den Gang über den Kirchhof zu Ende brachten. Von den Eltern wurden wir dabei auf den/ die eine/n oder andere/n früheren Nachbarn, Vorfahren, Onkel, Tante aufmerksam gemacht, „der hier und da liegt“. So wurden uns Kindern viele Verbindungen deutlich und Erinnerungen an diese Verstorbenen blieben wach. Uns wurde bewusst, dass wir dazu gehörten, zu all denen, denen wir auf dem Friedhof begegneten. Sie und wir gehörten zur Geschichte unserer Familien, zur Geschichte des Dorfs und der Kirche mitten im Dorf.

ERINNERUNGEN eben, an Allerheiligen/Allerseelen, an all das, was unser Leben ausmacht. In den kommenden Wochen und Monaten wird es einige „Gedenktage“ geben. Sie verbinden uns auch mit unserer Geschichte, unserem Glauben und besonders unseren Kirchengemeinden. Geschichten, die wir Jahr für Jahr weitergeben müssen, auch und gerade in diesem Jahr/ Winter 2020 / 2021, in dem viele der gewohnten Bilder, Orte und Wege verschlossen bleiben.

Vielleicht haben auch Sie Spaß und Interesse daran, dabei mit zu tun, Ihre Erinnerungen mit anderen zu teilen, sie mitzuteilen. Dann können wir miteinander auch die Advent- und Weihnachtstage begehen und diese, auf eine andere Art und Weise, miteinander feiern.

Bernhard Müller (BM 25.10.2020)