ERINNERUNGEN – Sankt Martin fällt nicht aus

Keiner geht mit einer Laterne,
Und keine Laterne mit mir,
Da oben leuchten die Sterne,
Doch unten ist keiner hier. 
Kein Licht ist an, Corona ist dran,
Rabimmel, rabammel, rabumm (bumm, bumm)    

(in Anlehnung an ein bekanntes Lied)

 

Tja, St. Martin, Nikolaus und ähnliche Feste wird es in diesem Jahr wohl nur in sehr abgewandelter Form geben, wenn überhaupt. Was geht? Was geht nicht? Das sind auch hier die Fragen, die Herausforderungen an uns alle. Wo kommt in diesen dunklen Zeiten ein Lichtlein her? Und schon sind wir ja genau bei der Sache. Lichtlein, Lichtblick – St. Martin – da war doch was?

Es gibt da so Geschichten, Erzählungen, ganz alte Legenden, die seit Jahrhunderten in christlichen Gegenden weiter gegeben wurden und werden. Vielleicht können die auch gerade in diesem Jahr ein wenig Licht schenken, kleine aber helle Lichtblicke sein.

Jedenfalls scheint es, dass diese Geschichten eine besondere Anziehungskraft hatten und haben auch für Leute „von außerhalb“. Deshalb werden sie Jahr für Jahr erzählt, gesungen und gespielt, wie schon gesagt seit Hunderten von Jahren, auch und gerade in den dunkelsten Zeiten. Davon gab es hierzulande sehr, sehr viele. Besonders auch den verzweifelten und einsamsten Menschen waren sie gewidmet, auch davon gab es und gibt es noch viel, viel mehr, auch heute.

Eine dieser Erzählungen, die mir spontan einfällt:                                                                   

Da war einmal ein junger Mann, der im Alter von 15/16 Jahren zum Soldat des römischen Kaisers ausgebildet wurde. Die Geschichte ist also sicherlich schon vor 1600 Jahren passiert und wird seither so oder ein wenig anders erzählt. Er war aus guter Familie, hat den Beruf des Vaters gewählt und hatte als Reitersoldat im römischen Heer eine gute Position, eine gutes Auskommen und eine hervorragende Ausstattung. Seine Karriere war ihm vorgegeben. Als junger Offizier stand er hoch in Kurs. Das einzige Manko seines Berufs war wohl der Krieg, die Schlacht, der Kampf mit all seinen schlimmen Erfahrungen und gewalttätigen Aktionen. Doch das alltägliche Leben als Ritter des Kaisers ließ sich genießen.

So ritt dieser Reitersmann, mittlerweile wohl an die 20 Jahre alt, eines frühen Abends im Winter durch den Schnee, in voller Uniform, gut geschützt gegen die Kälte und den böigen Wind von dem weiten, roten Mantelumhang der römischen Legionen. Schon von Weitem sah er am Wegesrand ein kleines Holzfeuer und, als er näher kam, im Schnee dabei einen Mann sitzen, ärmlich gekleidet, in eine zerrissene Decke gehüllt.                                                        

„Was ist denn mit dem los?“ wird sich unser Soldat wohl gefragt haben. Vielleicht sogar „Pack!“ oder „Lumpenpack!“ Vielleicht hat ihn das auch gar nicht so sehr aufgeregt, denn solche Begegnungen gehörten derzeit zu den alltäglichen Begebenheiten.

„Was ist denn mit mir los?“ Dieser Gedanke schoss unserem Soldaten – er hatte übrigens auch einen Namen: Martin hieß er, wie jedem wohl schon klar ist, – sicherlich durch den Kopf, denn unmerklich und ungewöhnlich lenkte er sein Pferd zum Feuer hin und hielt es bei dem armen Kerl sogar an. Dann stieg er ab und – so wird es Jahr für Jahr bei uns und überall erzählt und gesungen, – zog seinen Mantelumhang vom Rücken, nahm sein Schwert und teilte den Mantel in zwei Stücke. Das eine Mantelteil gab er dem Bettler im Schnee, das andere zog er sich wieder über. Dann stieg er auf sein Pferd verließ den Bettler und diese unwirkliche Szene.

Von da an wurde für diesen Soldaten Martin alles anders, änderte sich sein Leben vollkommen. Noch in der gleichen Nacht soll er einen Traum gehabt haben mit einer sonderbaren Begegnung. In diesem Traum war Jesus bei ihm und hat ihm die Begebenheit am Feuer aus seiner Sicht erklärt.                                                                                                            

Jedenfalls wurde von einem Tag auf den anderen aus dem Soldat Martin ein Mensch, der sein Herz für andere öffnete. Er legte die Uniform ab und ging mit offenen Augen und offenen Händen durch die Welt seiner Zeit. Dazu gibt es viele weitere Geschichten, die in vielen Büchern aufgeschrieben sind, in Liedern besungen werden und heute im Internet auf vielerlei Seiten gesammelt sind. Sie sollen und wollen jedes Jahr erzählt oder gesungen werden von diesem Martin, der später Bischof wurde und bis heute für uns alle der Heilige (Sankt) Martin ist. Zu seinen Ehren finden alljährlich die großen und kleinen Martinszüge statt mit tausenden, leuchtenden Laternen.

Diese Erzählungen sind wie die Lichter, die zu seinem Namenstag am 11. November zum Martinsfest angezündet werden. Lichter anzünden und Laternen basteln, das geht auch in diesem Jahr 2020, auch wenn der Martinszug ausfällt. Stellen/ hängen Sie die Laternen ans / ins Fenster zur Straße hin oder auf Ihren Balkon. Dann geht der Martinszug mal nicht mit den Laternen am Haus vorbei, aber alle können an den Martinslichtern an ihrem Haus vorbei gehen. Das wird sie an den St. Martin und sein Licht, das bis heute in unsere Tage leuchtet, erinnern.

Oder die ganze Familie macht sich mit Laternen (selbst gebastelte!) im Dunkeln auf den Weg, einmal um den Block vorbei an den Martinslichtern in den Häusern, am Abend des 11. November 2020, (natürlich die Corona-Regeln beachtend!). 

Ich (wir) geh(n) mit meiner Laterne                             
und meine Laterne mit mir.                                                   
Da oben leuchten die Sterne                                          
hier unten leuchten wir.                                            
St. Martin ist dran, wir gehen voran,                       
Rabimmel,rabammel, rabumm (bumm, bumm)                                                               

(BM 25.10.2020)